Fossilien suchen in Brandenburg

Auf den Spuren der Trias – Fossilien suchen in Brandenburg

Wer hätte es gedacht – unmittelbar am Stadtrand von Berlin befindet sich nicht nur der einzige Kalksteintagebau Ostdeutschlands, sondern auch eine einzigartige Fundstelle für verschiedene Fossilien und Mineralien, welche bereits etliche Forscher und Entdecker wie Otto Torell oder Alexander von Humboldt in ihren Bann zog und somit für zahlreiche, bahnbrechende Entdeckungen wie die Inlandseistheorie oder das Prinzip der Geothermie sorgte: Die Rede ist natürlich vom Tagebau in Rüdersdorf.

Tagebau Rüdersdorf
Abbildung: Der Tagebau in Rüdersdorf ist etwa 4km lang und 1km lang, 1km breit und etwa 70 Meter tief

In einem Land vor unserer Zeit

Muscheln, Ammoniten, Spurenfossilien, sogar verschiedene Mineralien und Kristalle zählen zu den beliebten Funden der mächtigen Muschelkalkschichten, die sich in Rüdersdorf während des Zeitalters der Trias ausbildeten und heute von abenteuerlustigen Sammlern aufgespürt werden.
Damit sich diese Fossilien ausbilden konnten, bedarf es maritimer und stark wechselhafter Umweltbedingungen, wie sie in Rüdersdorf vor etwa 240 Millionen Jahren wohl vorherrschten. Damals befand sich das heutige Deutschland aktuellen Kenntnissen nach noch auf der heutigen Höhe von Nordafrika. Darüber hinaus existierte ein großer Urkontinent (Pangea), welcher zu großen Teilen von einem immensen Flachmeer (Thetys) überdeckt war. Dieses Flachmeer wurde auf Höhe des heutigen Rüdersdorf als „Germanisches Becken“ bezeichnet und war an der tiefsten Stelle gerade einmal 70 Meter tief – und damit in etwa so tief, wie der Rüdersdorfer Tagebau heute. Der Großteil dieses Meeres umfasste allerdings lediglich Tiefen von zwei bis drei Metern. Durch die hohen Temperaturen und die daraus folgende Verdunstungsaktivität trocknete dieses Flachmeer schließlich regelmäßig ab und hinterließ somit eine stetig wachsende Schicht aus kalkhaltigen Sedimenten, welche die heute mächtigen Schichten aus Schaum– und Wellenkalk mit den darin enthaltenen Fossilienfunden bilden.

turmschnecke, fossil
Abbildung: Turmschneck (aff. Loxonema spec.) aus der Trias

Der Tagebau in Rüdersdorf ist trotz seiner mittlerweile fast 800-jährigen Geschichte noch immer in Betrieb. Bis Ende 2024 wurde Branntkalk produziert. Aktuell umfasst die Produktion lediglich Zement- und Beton. Gewonnen wird mit modernen Sprengverfahren. Bis zu zwei Mal am Tag, immer um 09:30 Uhr und um 13:30 Uhr wird – abhängig vom Produktionsbedarf – gesprengt. Eine spannende Tätigkeit, die bereits vor über hundert Jahren Schaulustige aus Berlin anlockte. Beim alljährlichen Bergfest des Rüdersdorfer Bergbauvereins (erstes Juliwochenende des Jahres) findet sogar eine Schausprengung für Publikum statt.

Fossilien und Mineralien des Muschelkalks

Wie die Bezeichnung des Muschelkalks verrät, zählen Muschelfossilien zu den Hauptfunden in Rüdersdorf. Vor allem die bereits ausgestorbene Gattung Plagiostoma kommt in Rüdersdorf sehr häufig vor. Aber auch Dreiecksmuscheln und Miesmuscheln zählen zu den häufigen Funden. Ergänzt werden diese durch eine Bandbreite an verschiedenen Turmschneckenarten. Ein wenig mehr Glück benötigt man für Knochenstücke und verbleibende Zähne, vor allem des in Rüdersdorf bekannten Nothosaurus raabi, ein bekannter Schwimmsaurier, der im Thetys-Meer sein Unwesen trieb. Auch Fischschuppen lassen sich im Rüdersdorfer Tagebau finden, zählen jedoch zu den etwas selteneren Funden.

coelestin
Abbildung: Coelestin aus Rüdersdorf mit typischem Erscheinungsbild

Neben einer Bandbreite an Fossilien stößt man bei der Suche auch immer mal wieder auf verschiedenste Mineralien. Am häufigsten kommt in Rüdersdorf der sogenannte Calcit vor. Der Calcit kann im weitesten Sinne als Schorf des Steines bezeichnet werden, da er meist auftritt, um Schwachstellen im Gestein zu schließen. Bei passenden Bedingungen bilden sich dabei typische Kristallformationen heraus, die teilweise in schönen, kleinen „Stufen“ vorliegen. Je nach Mineraleinschlüssen variiert die Farbe des Calcits schließlich zwischen weiß, durchsichtig und rosa.
Mit dem Pyrit (umgangssprachlich als Katzengold bezeichnet) befindet sich in Rüdersdorf ein weiteres, spannendes Mineral, was besonders Kinder immer sehr begeistert.
Ein wenig mehr Glück benötigt man für den sogenannten Coelestin (gesprochen Zölestin), der in Rüdersdorf besonders eindrucksvolle Formationen bildet, jedoch meist in begrenzteren, tieferen Bereichen des Tagebaus vorkommt.
Auch der Amethyst ist in Rüdersdorf heimisch, allerdings benötigt man hier deutlich mehr Glück für einen schönen Fund.
Ferner kommen weiterhin auch Limonit und Fasergips vor. Insgesamt zählt das Portfolio des Rüdersdorfer Tagebaus etwa 31 verschiedene Mineralien, von denen jedoch nicht unbedingt alle auf der Suchfläche vorkommen.

Calcit-haltiges Gestein
Abbildung: Calcit-haltiges Gestein aus dem Tagebau Rüdersdorf

Ablauf der Tour

Die etwa zweistündige Tour ist lediglich nach vorheriger Buchung möglich! Treffpunkt ist der Eingangsbereich des Museumsparks Rüdersdorf. Die Führung startet mit einer kurzen geologischen Einführung im Otto Torell-Haus, dem „Haus der Steine“, wo man zahlreiche Informationen über die zu erwartenden Funde auf der Suchfläche und eine kurze Einführung in die Entstehungsgeschichte der Region erhält. Anschließend werden Warnwesten und Sicherheitshelme ausgeteilt, bevor es in einer spannenden Geländefahrt mit dem Bulli auf die (abgegrenzte) Suchfläche in den noch aktiven Tagebau geht. Dort angekommen erhält man letztendlich noch einen Hammer und eine Schutzbrille und hat anschließend etwa eine Stunde Zeit, jegliche Schätze des Tagebaus zu bergen. Ein erfahrender Tourguide steht währenddessen als Ansprechpartner für mögliche Fundstellen und die Bestimmung der Funde zur Verfügung.
Nach etwa einer Stunde Suche geht es mit zahlreichen Funden und dem Bulli zurück zur Kleiderkammer, wo die Warnwesten und Helme zurückgegeben werden. Hier endet die zweistündige Tour meist auch. Während der Sommerferien bietet der Museumspark jedoch häufig unter der Veranstaltung „Kids im Park“ noch die (kostenpflichtige) Möglichkeit, seine Funde zu reinigen und fachkundig bestimmen zu lassen. Übrigens: Während Fossilien in vielen Bundesländern als „bewegliche Bodendenkmäler“ und daher als Staats- bzw. Landeseigentum gelten und abgegeben werden müssen, darf man in Brandenburg in der Regel seine Funde behalten!

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Abbildung: Fossiliensuche im Museumspark; Mit Warnweste, Helm und Hammer startet die Suche auf der abgegrenzten Suchfläche

Buchungen

Auf Grund der hohen Beliebtheit der Touren ist eine rechtzeitige Buchung zu empfehlen! Das Mindestalter beträgt 6 Jahre! Die Mindestgruppengröße beträgt 8 Personen! Eventuell ergibt sich jedoch die Möglichkeit, sich einer weiteren Gruppe anzuschließen. Buchungen sind über die Website des Museumsparks Rüdersdorf möglich. Die Tour ist sehr zu empfehlen und auch bei Schulklassen oder als Geburtstagsausflug immer sehr beliebt.

Auf der Suche nach weiteren Abenteuern? Wenn du bereits im Museumspark Rüdersdorf vor Ort bist, solltest du dir das Abenteuer Industriekultur auf jeden Fall nicht entgehen lassen!

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