Karnivoren und Düngung – Wie düngt man Karnivoren?

Kaum ein Thema wird bei der Haltung von Karnivoren so stark diskutiert wie das Wirkungsspektrum verschiedener Nährlösungsgaben.
Sicher ist: Karnivoren sind generell an Standorte angepasst, an denen das Substrat von Nährstoffarmut und teils auch regelmäßiger, relativ hoher Auswaschung geprägt ist. Die Evolution hat es diesen hochspezialisierten Pflanzen ermöglicht, an diesen stark verarmten Standorten zu gedeihen. Nicht umsonst verwenden wir für die Kultur reinen, ungedüngten und nicht aufgekalkten Weißtorf als Substratgrundlage oder sogar als Alleinsubstrat. Für ein artgerechtes Wachstum ist eine Düngung daher grundsätzlich nicht erforderlich. Bei Unzufriedenheiten mit dem Wuchsbild sollte die Optimierung der Wachstumsfaktoren wie Licht, Temperatur, Wasserqualität und Luftversorgung (bei der Topfkultur vor allem im Substratbereich) daher stets einer Nährstoffgabe vorgezogen werden.
Erfahrungsgemäß ist es jedoch möglich, das Wuchsbild von Karnivoren mit einer gezielten Nährstoffgabe zu verbessern, wenn alle anderen eben genannten Wachstumsbedingungen stimmen. Damit die Düngung jedoch auch eine Wirkung erzielt, gibt es ein paar wichtige, grundlegende Dinge zu beachten, die ihr nicht außer Acht lassen solltet!



  • Nährstoffverfügbarkeit in sauren Substraten – Warum Substratdüngung bei Karnivoren zwecklos ist!

    Ein großer Fehler bei der Düngung von Karnivoren liegt in der Annahme, man könne Pflanzen in sauren Substraten wie jegliche andere Kulturen auch normal über das Substrat düngen. Um zu verstehen, warum dies in der Regel – vor allem bei der Verwendung von Langzeitdünger wie Osmocote – reine Ressourcen- und Geldverschwendung darstellt, müssen wir einen kleinen Einblick in die Theorie der Pflanzenernährung und der Bodenkunde unternehmen.
    Jeder Nährstoff wird je nach Bodenart unterschiedlich stark aufgenommen, bzw. in den Bodenpartikeln gebunden und ist dann mehr oder weniger pflanzenverfügbar. Es ist ein Trugschluss anzunehmen, dass jeder Nährstoff in jedem Substrat nach der Nährstoffgabe gleichmäßig und sofort für die Pflanze verfügbar ist. Besonders ausschlaggebend für die Nährstoffverfügbarkeit in einem Substrat sind zu einem der pH-Wert und zu anderem der Tongehalt. Vor allem der pH-Wert ist direkt ausschlaggebend für die Nährstoffverfügbarkeit, da jeder Nährstoff einen unterschiedlichen Bereich auf der pH-Skala einnimmt, innerhalb dessen er optimal, oder überhaupt erst aufgenommen werden kann (Tabelle für Nährstoffverfügbarkeiten nach pH-Wert). Die meisten Nährstoffe können erst ab einem pH-Wert zwischen 4 und 5 aufgenommen werden, wobei das Optimum im Bereich zwischen pH Werten von 6 und 7 liegt. Hier liegt bei Karnivoren bereits das große Problem, da unsere Pflanzen in Torfsubstraten meist einen pH-Wert von 3 bis 3,5 aufweisen. In diesem Bereich sind vor allem Eisen, Mangan, Bor, Kupfer und Zink pflanzenverfügbar – Mikronährstoffe, an denen es den Pflanzen zumeist eher nicht mangelt. Vor allem die Aufnahme von Phosphor – einem weiteren begrenzen Rohstoff! – ist bei pH-Werten unter 6 sehr stark begrenzt. Kurz gesagt: Die Pflanzen können die meisten Nährstoffe in sauren Substraten gar nicht aufnehmen! Durch die dauerfeuchte Kultur werden die Nährstoffe dann zudem einfach ausgespült. Eine Düngung über das Substrat ist unserem Verständnis nach daher reine Ressourcenverschwendung und sollte möglichst vermieden werden. Die Blattdüngung ist bei Karnivoren der Substratdüngung aus genannten Gründen daher stets vorzuziehen.

  • Liebigs Gesetz vom Minimum – gezielt Mangelnährstoffe düngen!

    Bei der großen Vielfalt an verschieden Düngemitteln und ihrer Zusammensetzung stellt sich natürlich auch die Frage, welcher Dünger nun die beste, oder besser gesagt geeignetste Wahl darstellt. Auch hier hilft ein kleiner Einblick in die Grundlagen der Pflanzenernährung. Das das Substrat für die Pflanzenverfügbarkeit der einzelnen Nährstoffe ausschlaggebend ist, haben wir bereits geklärt. Doch welche Nährstoffe nimmt die Pflanze gezielt auf? Das Minimum-Gesetz (1828) von Carl Sprengel und Justus von Liebig besagt, dass das Wachstum einer Pflanze stets von dem Nährstoff bestimmt, der sich am meisten im Minimum, bzw. im Mangel befindet. Metaphorisch wird in Bezug auf dieses Gesetz die Pflanze gerne als ein Fass dargestellt, welches aus vertikal aneinander angeordneten Latten besteht, welche die jeweiligen Nährstoffe (Stickstoff, Phosphor, Kalium etc.) darstellen. In diesen Latten befinden sich auf unterschiedlicher Höhe jeweils ein Loch pro Latte. Egal mit welchem Nährstoff man das Fass nun aufzufüllen versucht, es wird immer am untersten Loch auslaufen.
    Es ist daher nötig, jene Nährstoffe zu düngen, denen es den Pflanzen am meisten mangelt (also quasi der Nährstoff der in Liebigs Modell die Latte mit dem am tiefsten sitzenden Loch aufweist). Andernfalls wird sich die Wirkung anderer Nährelemente nicht oder nicht richtig entfalten. Stickstoff, Phosphor und Kalium können bei den meisten Karnivoren in ausgeglichenen Verhältnissen gedüngt werden, da es ihnen ja generell an allen Nährstoffen „mangelt“. „Wuxal Universal“ mit dem NPK-Verhältnis 8-8-6, der im professionellen Gartenbau ebenfalls unter dem Namen „Wuxal Super“ verwendet wird, erzielte bei uns bei jeglichen Kulturen immer gute und schnelle Ergebnisse.
    Doch nun noch einmal zurück zum Minimum-Gesetz und zu meinem absoluten Geheimtipp in der Karnivoren-Kultur. Dem aufmerksamen Leser und etwas fortgeschrittenem Gärtner wird es an dieser Stelle eventuell bereits aufgefallen sein. Die meisten Düngemittel enthalten zwar die Hauptnährstoffe Stickstoff, Phosphor und Kalium, bei einer durchgehenden Wässerung mit sehr weichem Gießwasser wie Osmosewasser, destillierten Wasser oder Regenwasser ist jedoch auch auf eine ausreichende Versorgung mit den Elementen Calcium und Magnesium zu achten! Es ist wirklich beachtlich, welchen Unterschied es macht, wenn ihr eure Pflanzen etwa alle 3-4 Wochen mit Calcium-Dünger (etwa 1/4 der empfohlenen Dosis für Zimmerpflanzen) versorgt. Die Pflanzen sind bereits ein bis zwei Tage nach der Aufnahme deutlich kräftiger (stabiler), weisen deutlich härtere Organe auf und erscheinen im gesamten wesentlich widerstandsfähiger. Besonders bei Pinguicula und Nepenthes kommt der Effekt gut zur Geltung. Heliamphora scheinen erfahrungsgemäß etwas empfindlicher gegenüber Calcium-Düngung zu reagieren und sollten daher nur mit Bedacht behandelt und anschließend unter Beobachtung gehalten werden. Lediglich bei Drosera ist der Effekt einer zusätzlichen Calcium-Düngung marginal. Die Blattfläche fällt bei dieser Gattung im Vergleich zu den Eben genannten Gattungen jedoch auch deutlich geringer aus.



  • Wasser ist nicht gleich Wasser – Wasserhärte beachten!

    Wenn ich euch jetzt noch erzähle, dass die meisten Flüssigdünger gar nicht für den Gebrauch mit weichem Wasser wie Regenwasser, Osmosewasser oder destilliertem Wasser formuliert wurden, wird es zugegebenermaßen etwas komplizierter. Die genauen Zusammenhänge möchte ich an dieser Stelle gar nicht genauer erläutern, da wir dazu einen tieferen Exkurs in den Bereich der Chemie unternehmen müssten. Kurz gesagt: Die meisten Düngemittel im Hobbybereich sind für den Gebrauch mit Leitungswasser formuliert worden, welches bereits (für uns erstmal undefinierte und nicht näher klassifizierte) Anteile an Nährsalzen aufweist. Wird diesem Wasser nun Düngemittel beigegeben, werden die Nährelemente deutlich weniger gepuffert, als in weichem Wasser, welches in unserem Falle ja sogar nahezu komplett entmineralisiert wurde! Im Umkehrschluss bedeutet dies für uns nun, dass die Zugabe von handelsüblichem Flüssigdünger in weichem Wasser eine sehr starke Pufferwirkung zur Folge hat. Rein aus diesem theoretischen Aspekt wäre es daher immer anzuraten, handelsübliche Flüssigdünger mit Leitungswasser zu verwenden. Aber Achtung: Die Wasserhärte und der Leitfähigkeitswert (EC-Wert) von ungefiltertem Leitungs- oder Brunnenwasser sind stark standortabhängig und können zudem leichten Schwankungen unterliegen. Unser Standort in Berlin weist beispielsweise eine hohe Wasserhärte mit einer Leitfähigkeit im Bereich von ~650µS/cm (~0,65mS/cm) auf. Diesen Wert sollte man mit einem sogenannten EC-Meter* vor jeder Beigabe von Düngemittel tagesaktuell ermitteln und auf den gewünschten EC-Wert der Düngemittelgabe anrechnen. Ist etwa eine Düngung mit 500µS/cm (0,5mS/cm) empfohlen und das Ausgangswasser weist wie in unserem Beispiel einen Wert von 650µS/cm (0,65mS/cm) auf, sollte der gemessene EC-Wert der anwendungsfertigen Nährlösung 1150µS/cm (1,15mS/cm) betragen.
    Sicher kommt an dieser Stelle die Frage auf, ob sich die Verwendung von Leitungswasser allein durch den Kalkgehalt nicht negativ auf das Wachstum unserer kalkempfindlichen Pflanzen oder die Substratqualität auswirken müsste. Doch das ist zum Glück nicht der Fall! So lang die Wassergabe mit dem kalkhaltigen Wasser nicht konstant, sondern nur in wiederholten Zeitabschnitten erfolgt, besteht keine Gefahr, dass sich ungewünschte Stoffe im Substrat akkumulieren. Es ist daher erfahrungsgemäß auch unabhängig von der Düngung möglich, seine Karnivoren in Notzeiten über kurze Zeiträume (wenige Wochen) mit Leitungswasser zu versorgen, in sofern keine andere Möglichkeit der Bewässerung besteht. Durch anschließende, regelmäßige und gesättigte Wassergabe oder gar Daueranstau wird dieser kleine Kulturfehler in der Regel anschließend wieder kompensiert. Wer jedoch auf die Wässerung mit weichem Wasser bei der Düngung besteht, sollte folglich zu speziell formulierten Düngemitteln zurückgreifen. Diese sind zum Teil jedoch etwas schwerer zu beschaffen, da sie größtenteils aus dem professionellen Gartenbau stammen. „Peters® Excel CalMag Grower for soft water“ (15-5-15) wäre hier beispielsweise ein geeignetes Düngemittel. Warum dieser Dünger neben den üblichen NPK-Anteilen auch Zusätze an Calcium (Ca) und Magnesium (Mg bzw. Mag) enthält, brauche ich dem aufmerksamen Leser an dieser Stelle nun auch nicht mehr zu erklären. Andererseits sei noch einmal auf Abschnitt 2. verwiesen. 🙂



  • Exkurs: Austauschvorgänge in den Wurzeln – Wie die Düngerwahl den pH-Wert beeinflusst

    Ein kleiner Exkurs für alle, die es ganz professionell angehen lassen wollen: Wusstest du, dass du mit der Wahl des Düngemittels auch gezielt die Entwicklung des pH-Wertes im Substrat steuern kannst, bzw. einer ungewünschten, natürlich bedingten pH-Änderung entgegen wirken kannst?! Auch hier versuche ich, das äußerst komplexe Thema für dich auf wenige Sätze zu beschränken: Die Nährstoffaufnahme in der Pflanze geschieht chemisch gesehen nach dem Prinzip des elektrischen Gleichgewichts. Es können sowohl positiv geladene Ionen – sogenannte Kationen (NH4+, K+, N+, Mg2+, Ca2+, Fe2+…) – als auch negativ geladene Ionen – sogenannte Anionen (NO3-, PO4 3-, O2-) – aufgenommen werden (in dem Falle die unserer Nährelemente). Doch um das elektrische Gleichgewicht in der Pflanze, bzw. der Wurzel zu erhalten, werden für die Aufnahme von Anionen wie Nitrat (NO3-), die in der Bodenlösung meist frei verfügbar sind, immer auch HCO3- Ionen abgegeben. Die Folge: Der PH-Wert steigt. Bei Kationen wie etwa Ammonium (NH4+), die vorwiegend in den Bodenpartikeln (vor allem bei Substraten mit Tongehalt) gebunden werden, ist es genau umgekehrt: hier muss für jedes aufgenommene Kation jeweils ein H+ Ion abgegeben werden, um das elektrische Gleichgewicht aufrecht zu erhalten – der pH-Wert sinkt. Nicht zuletzt aus diesem Grunde weisen viele handelsübliche Düngemittel eine spezielle Formulierung aus Nitrat und Ammonium auf, die einerseits darauf abzielt, die Pflanzen sowohl kurz- als auch mittelfristig mit Stickstoff zu versorgen und den pH-Wert für die Zeit der Aufnahme und Düngemittelgabe zumindest einigermaßen zu stabilisieren. Da Pflanzen wie Karnivoren jedoch generell aus bereits besprochenen Gründen nicht über das Substrat, sondern über das Blatt gedüngt werden sollten, lässt sich dieser Fakt für Kulturen in stark sauren Substraten generell ganz entspannt außer Acht lassen.

  • NPK-Verhältnis und Richtwerte für die Düngung von Karnivoren

    Abschließend möchte ich euch noch ein paar empirisch ermittelte Richtwerte zur Düngung von Karnivoren bereitstellen. Ich habe in den vergangenen Jahren viel ausprobiert und mit folgenden Werten gute Ergebnisse erzielt. Nehmt die Werte jedoch bitte nicht als „ultimativen Guide“ wahr und testet euch gerne selbst an die entsprechenden Konzentrationen heran. Im Zweifelsfall ist weniger immer erstmal mehr…
    Das NPK-Verhältnis der Düngemittel sollte ausgeglichen oder leicht phosphatreduziert ausfallen. Wuxal Universal (8-8-6) liefert sehr gute Ergebnisse bei einer großen Bandbreite an Zier- und Nutzpflanzen, wie auch Karnivoren, Ameisenfarnen, Cannabis und Orchideen. Bitte verzichtet für die Alleindüngung jedoch auf Düngemittel mit geringen NPK-Verhältnissen wie 1-1-1 oder ähnlichem. Hier erhaltet ihr bei den meisten auf den Hobbybereich spezialisierten Anwendern durch die geringe Konzentration und eine oft ungünstige Formulierung lediglich „verdünntes Wasser“ und der Verbrauch der Mittel wird im Vergleich zu höher Konzentrierten Flüssigdüngern daher deutlich höher ausfallen, um gewünschte EC-Werte zu erreichen.

    – Richtwert NPK-Blattdüngung: 400-500µS/cm (0,4-5mS/cm) alle 4 Wochen oder 100-150µS/cm (0,1-0,15ms/cm) wöchentlich
    – Empfehlung: Wuxal Universal oder ausgeglichenen NPK / NPK+Mg Flüssigdünger

    – Richtwert Calcium-Blattdüngung: 1/4 der empfohlenen Konzentration für Zimmerpflanzen; alle 3-4 Wochen (Heliamphora – Lösung nochmals 40-50% verdünnen)
    – Empfehlung: Wuxal Calcium-Dünger



weiterführende Literatur


Scheffer/Schachtschabel – Lehrbuch der Bodenkunde
Marschner, Horst – Mineral Nutrition of Higher Plants
Degen, Schrader – Grundwissen für Gärtner


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