Grundlagen zur Belichtung von Pflanzen #2
Einführung
In diesem Artikel wollen wir erweiterte Grundlagen zur Belichtung von Pflanzen erläutern und somit einen detaillierten Überblick über die verschiedenen Lichttypen, Planungs- und Installationsmethoden schaffen. Wie wir bereits besprochen haben, liegen die Absorptionsmaxima der Strahlung an Pflanzen bei 440 nm und 660 Nanometern (nm), weshalb viele moderne Belichtungssysteme heutzutage ein pinkfarbenes Lichtspektrum abstrahlen, welches sich aus der Kombination dieser beiden Wellenlängen ergibt. Jedoch wird in der Praxis meist eine Mischung aus vielen weiteren Wellenlängenbereichen genutzt, etwa um tageslichtähnliche Spektren zu erhalten, die für das Auge angenehmer sind und eine realistischere Farbwiedergabe der Pflanzen liefern.
Darüber hinaus unterscheidet man im roten Spektralbereich noch einmal zwischen Hellrot (HR, 650 nm – 670 nm) und Dunkelrot (DR, 705 nm – 740 nm). Während ein hellrotes Spektrum die Keimung induziert, wirkt ein dunkelrotes Spektrum keimhemmend. Für ein gesundes Wachstum nach der Keimung, ist jedoch das Verhältnis zwischen diesen beiden Spektralbereichen ausschlaggebend, da ein zu geringes HR:DR-Verhältnis zu übermäßiger Streckung der Pflanzen und verfrühter Blüte führen kann. Für die Hobbykultur sollte daher auf solche Modelle, die lediglich spezielle Wellenlängen oder Wellenlängenbereiche ausstrahlen (und die meist ausschließlich nur über den Profi-Fachhandel zu erwerben sind) verzichtet werden, weshalb wir im weiteren Verlauf auch nicht auf diesen Umstand eingehen werden (Video Empfehlung zum Thema: „White LED vs Red Blue White LED Grow Test w/Time Lapse – Lettuce Ep.1„)
Die Rolle von grünem Licht
Bei der Auswahl und Zusammenstellung von Belichtungssystemen taucht in verschiedenen Fachforen immer öfter die Frage auf, welche Rolle der Anteil an grünem Licht im Spektrum zum Pflanzenwachstum leistet, da davon ausgegangen wird, dass Pflanzen nicht in der Lage wären grüne Spektren aufzunehmen, da die Blattoberfläche diese Farben reflektiert, wodurch wiederrum der Farbeindruck entsteht. Falls hierzu Unklarheiten bestehen, empfehlen wir folgenden Artikel: [externer Link].
Prinzipiell ist diese Vermutung auch richtig, allerdings zeigte sich, dass blaue und rote Spektralanteile nahezu vollständig von den oberen Blattlagen absorbiert werden, während grüne Spektralanteile durch die stärkere Reflexion (20%) viel tiefer in die Blattkrone eindringen, aber auch die Blätter durch eine höhere Transmissionsfähigkeit (30%) an sich einfacher durchdringen können (Kozai, Zhang; 2016) und bei entsprechender Lichtstärke somit in der Lage sind physiologische Prozesse in den unteren Blattlagen in Gang zu setzen, was die Blattseneszenz eventuell verringern könnte.
Dies hat vor allem den Hintergrund, dass sich die im Blattgewebe befindlichen Chloroplasten bei hohen Einstrahlungen an den Seiten des Schwammgewebes sammeln und die Strahlung somit „auf geringeren Widerstand“ im Blattinneren stößt, wodurch auch tiefergelegene Chloroplasten besser gesättigt werden können und sich auch die erhöhten Transmissionswerte ergeben (Wada 2003, Terashima et. al. 2009).
In anderen Versuchen bei denen auch spezielle Gene beobachtet wurden zeigte sich, dass die Belichtung mit grünem Licht darüber hinaus zu erhöhter Stress- und Schädlingsresistenz führt (Kudo et al., 2009). So kann das Risiko für den Befall mit Botrytis (Grauschimmel), Pythium (Stammfäule) und Spinnmilben gesenkt werden. Ferner zeigte sich bei einer Ausweitung der Versuche, dass Raubmilben der Familie Phytoseiidae, die zur biologischen Bekämpfung von Spinnmilben eingesetzt werden, gezielt zu grünanteiligem Licht und Licht mit längeren Wellenlängen wandern, weshalb angenommen werden kann, dass eine Ansiedlung der Nützlinge bei Licht mit erhöhtem Grünanteil erleichtert wird (Kudo, Yamamoto; 2016).
Darüber hinaus werden in der Pflanze einige sekundäre Pflanzenstoffe produziert, deren Produktion bei grünen Lichtspektren angeregt wird. So liegt etwa das Absorbtionsmaximum der Carotinoide zwischen 400 und 500 nm, im blau-grünen Bereich [1]. Allerdings wird bei hohen Lichtintensitäten (vor allem im Grünbereich) ein Teil der Energie der Chloroplasten, der durch diese Carotinoide aufgenommen wurde, anschließend in Wärme umgewandelt, wodurch wiederum pflanzeninterne Schutzmechanismen gegen Überhitzung in Gang gesetzt werden (Xanthophyll-Kreislauf) (Murukami, Matsuda; 2016; Niyogi et al. 1997). Mehr Licht bedeutet also nur bis zu einem gewissen Punkt auch mehr Nutzen für die Pflanze (mehr dazu später)!
Vor allem bei sehr dichtwüchsigen Kulturen oder der Jungpflanzenanzucht in Saatschalen kann zu hoher Engstand schnell zu Lichtmangelreaktionen wie übermäßigem Streckungswachstum führen, weshalb die Belichtungsanlage bereits vor der Anzucht mit Bedacht gewählt werden sollte. Alternativ ist es bei solchen Problematiken auch möglich, die Kulturen zusätzlich seitlich oder zwischen den Pflanzenreihen zu belichten, allerdings müssen bei dieser Variante sowohl die Material- als auch Unterhaltskosten weiter berücksichtigt und intensiv verglichen werden, um eine wirtschaftliche Lösung zu finden. Gerade bei der hobbymäßigen Pflanzenanzucht kann dieser Umstand bei kleineren Anlagen daher jedoch meist vernachlässigt werden. Bei größeren Anlagen hingegen, könnte sich eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema und eine aufwändigere Leuchtenauswahl jedoch deutlich positiv in den Betriebskosten niederschlagen. Viel wichtiger ist jedoch ein ausgeglichenes Spektrum mit einer ausreichenden Photonenflussdichte (PPFD) oder alternativ einem ausreichendem Lichtstrom (Lumen, lm), falls vom Hersteller keine anderen Angaben geliefert werden.
Lichtmenge
Sowohl im ersten Teil dieses Beitrags, als auch in den vergangenen Abschnitten haben wir bereits viel über den Lichtstrom und die Photonenflussdichte gesprochen, die ein Maß über die Lichtstärke einer Beleuchtungsquelle liefern. Allerdings bezogen sich die meisten Aussagen eher auf den theoretischen Hintergrund oder die Zusammenhänge, weshalb wir im folgenden Abschnitt ein paar Vergleichswerte besprechen wollen, um einen besseren Eindruck zu vermitteln und ein Gefühl für das Maß der Lichtstärke entwickeln zu können.
Je nach Wetterlage und abhängig vom Jahresverlauf, ändert sich die Einstrahlung auf der Erdoberfläche in der Regel ständig und unterliegt teils starken Schwankungen.
An einem sonnigen Sommertag in Berlin, können etwa PPFD-Werte von um die 1800 ɥmol/m²s-1 gemessen werden, während an einem wolkenlosen Wintertag in Berlin lediglich um die 200 ɥmol/m²s-1 erreicht werden. Bei Bewölkung können die Messwerte noch einmal deutlich kleiner ausfallen. Da sich diese Vergleichswerte auf eine Messung unter freiem Himmel beziehen, können diese Einstrahlungswerte jedoch nur in wenigen Fällen (etwa bei direkter Sonneneinstrahlung und passendem Sonnenstand) auf Fensterbrettern oder in Fensternähe erreicht werden. Trotzdem schaffen diese Werte einen guten Eindruck über die Lichtintensität in unserem Lebensraum.
Da Pflanzen in unterschiedlichen zonalen und geografischen Höhenlagen vorkommen und sich artspezifisch teils stark an diese Orte angepasst haben, erscheint es nur logisch, dass jede Pflanzenart auch einen eigenen Anspruch an die Lichtverhältnisse (vor allem die Lichtstärke) stellt, weshalb man sich in der Botanik auch entschied die Pflanzen in Licht- und Schattenpflanzen einzuteilen. Bevor man den Vergleichswert von 1800 ɥmol/m²s-1 für eine „starke Belichtung“ heranzieht, sollte man sich also vorher genau über den Lichtanspruch der Kulturen informieren! Solche Werte findet man etwa bei verschiedensten Züchtern und in Experten-Foren. Bei der Kultur von Karnivoren basieren solche Werte jedoch meist auf Erfahrungen, da die hierfür notwendigen Messungen sehr aufwendig und kostenintensiv sind. Darüber hinaus sollte man sich bewusst machen, ob das Beleuchtungsmodell als alleinige Beleuchtung fungieren soll (etwa im Terrarium oder im Grow-Zelt), oder lediglich als Zusatzbelichtung dient (etwa im Gewächshaus oder auf der Fensterbank), da bei Zusatzbelichtungen natürlich geringere Lichtintensitäten notwendig sind.
Spezifische Werte für die Kultur von Karnivoren und einigen beliebten Zimmerpflanzen finden sich beispielsweise bei unseren Kollegen von Carnivero: [externer Link].
Belichtungszeitraum, Photoperiode, Daily Light Integral (DLI), Lichtkompensations- & Lichtsättigungspunkt
Ein weiterer wichtiger Faktor in der Kultur stellt der Belichtungszeitraum dar. Der sogenannte Photoperiodismus bezeichnet die Abhängigkeit des Wachstums von Tages- und Nachtlänge und induziert bei Pflanzen wesentliche Prozesse wie Blütenbildung oder Streckungswachstum.
Wichtig ist hierbei nicht nur, wie viel Licht das jeweilige Medium ausstrahlt (bei Leuchtstoffröhren und LED-Strahlern wird diese Größe in Lumen (lm) angegeben), sondern natürlich auch wie viel Licht an der Oberfläche der Pflanzen ankommt und für die Photosynthese verwertet werden kann.
In der Pflanzenproduktion spielt hierfür das sogenannte Daily Light Integral (DLI) eine signifikante Rolle für den Erfolg in der Belichtung. Das DLI wird in mol/m²d (mol pro Quadratmeter und Tag) angegeben und stellt die Gesamtmenge an Strahlung, also die Summe an photosynthetisch aktiven Photonen im PAR-Bereich dar, die über einen Tag auf eine Fläche von 1m² auftreffen dar. Im Gegenzug gibt die Photonenflussdichte (PPFD (PAR) in ɥmol/m²s-1), die Gesamtmenge an photosynthetisch aktiven Photonen an, die über einen Zeitraum von einer Zehntel-Sekunde (0,1 s) auf einer Fläche von 1m² auftreffen und liefert daher ein deutlich kleineres Messinterval. Möchte man den DLI ermitteln, muss man die PPFD-Werte also zunächst mit der Anzahl der Sekunden einer Stunde (3600 s) und der Belichtungsdauer/Lichtstunden in Stunden multiplizieren und den ermittelten Wert anschließend durch den Faktor 1*106 (= 1.000.000) dividieren.
DLI = (PPFD [µmol/m²s-1] * 3600 * tBelichtung [h]) : (1*106) == (PPFD*3600* tBelichtung):(1*106)
Da die meisten Beleuchtungseinheiten unterschiedliche PPFD-Werte aufweisen, ergibt sich mit dem DLI ein optimaler, modellunabhängiger Vergleichswert der sowohl für die Auswahl von Leuchten, als auch der Auslegung der Photoperiode herangezogen werden kann. Zum besseren Verständnis widmen wir uns einem kleinen Beispiel. Eine Fläche soll mit einem DLI von 11,52 mol/m²d belichtet werden. Hierzu stehen zwei verschiedene Modelle zur Verfügung. Modell A verfügt über eine Photonenflussdichte von 200 ɥmol/m²s-1, während Modell B einen PPFD-Wert von 267 ɥmol/m²s-1 und Modell C einen PPFD-Wert von lediglich 160 ɥmol/m²s-1 aufweist.
Um sicherzustellen, dass am Ende des Tages auf der Kulturfläche unter allen Modellen der gleiche DLI erreicht wird und somit alle Pflanzen die gleiche Lichtmenge erhalten haben, ist es also zwingend erforderlich, je nach Photonenflussdichte der Beleuchtungseinheit(en) mit unterschiedlichen Belichtungszeiträumen zu arbeiten. Ein Belichtungszeitraum von 16 h bei 200 ɥmol/m²s-1, liefert den gleichen DLI wie eine 12-stündige Belichtung mit 267 ɥmol/m²s-1 oder einer 20-stündigen Belichtung bei 160 ɥmol/m²s-1, wobei jedoch durch die veränderte Belichtungszeit keine wesentliche Veränderung der Netto-Photosyntheserate erzielt wird (Akiyama, Kozai; 2016).
Sind für das Belichtungsmodul lediglich Werte in Lux angegeben, müssen diese zunächst zu PPFD umgerechnet werden. Da für die Konvertierung der Lux-Werte modellabhängig variierende Faktoren nötig sind, empfiehlt sich hierfür die Nutzung verschiedener kostenfreier Online-Tools. 100 ɥmol/m²s-1 entsprechen etwa 4348 lux unter natürlichem Tageslicht, 200 ɥmol/m²s-1 entsprechen 8696 lux und so weiter.
Anschließend kann der Strombedarf für die einzelnen Belichtungsmodelle ermittelt werden, die Vorauswahl enger eingegrenzt werden und anhand der sogenannten Energieeffizienz in ɥmol/J oder dem Wirkungsgrad in lm/W, die/der das Verhältnis ausgestrahlter Photonen zur Leistungsaufnahme in Watt darstellen, dass effizienteste Modell ermittelt werden. Je höher der Wert der Energieeffizienz oder des Wirkungsgrades, desto leistungsfähiger ist das Modell.
Kurzgesagt: Ist der Lichtbedarf der Pflanze bekannt, kann dieser also als geplante Belichtungsstärke in das DLI umgerechnet werden, woraufhin ein Belichtungsplan festgelegt wird (das heißt der Belichtungszeitraum oder die Belichtungszeiträume werden geplant). Mit Hilfe dieses Belichtungsplanes und der modellspezifischen Werte der Leistungsaufnahme in Watt sowie der Energieeffizienz oder des Wirkungsgrades der Beleuchtungseinheiten, kann anschließend ein exakter Vergleich der Betriebskosten und der Effizienz der Geräte durchgeführt werden, da das DLI eine modellunabhängige Gesamtmenge an Photonen (also Licht) beschreibt, die über einen Tag auf der Kulturfläche auftreffen und die Energieeffizienz, bzw. der Wirkungsgrad einen Wert über die „Input-zu-Output-Effizienz“ einer Belichtungseinheit liefern.
Da Pflanzen bei sehr hohen Lichtintensitäten Schutzmechanismen wie den oben kurz angeschnittenen Xanthophyll-Kreislauf gegen die Einstrahlung in Gang setzen, in dem sie sich etwa durch die Produktion von sekundären Pflanzeninhaltsstoffen färben, scheint die Annahme nur logisch, dass ein gewisses Maximum an Einstrahlung zu existieren scheint, mit dem eine Pflanze umgehen kann, bevor sie bleibende Schäden davon trägt oder verstirbt. Diesen Punkt nennt man den Lichtsättigungspunkt, welcher genau den Punkt beschreibt, an dem die Pflanze ihre Photosyntheseleistung durch Erhöhung der Einstrahlungsintensität nicht weiter erhöhen kann. Bei Überschreitung dieses Punktes drohen bleibende Schäden und die Zerstörung von Photosynthesepigmenten (Photodestruktion).
Neben dem Sättigungspunkt existiert mit dem Lichtkompensationspunkt ein weiterer Faktor zur Beurteilung der benötigten Lichtmenge einer Pflanze. Dieser gibt den Zustandspunkt an, in dem die Raten von CO2-Aufnahme und O2-Abgabe gleichen, die Pflanze also eine neutrale Energiebilanz aufweist und gerade so viel Energie erzeugt, wie sie zum Überleben benötigt (aber nicht wirklich Energie speichern kann) und kann als absolutes Lichtminimum betrachtet werden.
Für die Kultur von Karnivoren stehen diese Werte leider nicht zur Verfügung. Zur Ermittlung wären aufwendige Messungen mit sehr kostspieligen Gaswechselmessgeräten notwendig, die von geschultem Fachpersonal durchgeführt oder betreut werden sollten.
Den Lichtkompensationspunkt macht man sich vor allem in der Innenraumbegrünung an Orten zu Nutze, an denen die Pflanzen zwar stets ein vitales Erscheinungsbild aufweisen sollen, jedoch aus ästhetischen Gründen nicht weiter wachsen sollen (um etwa Veränderungen des Gesamteindruckes durch Wachstum der Pflanzen zu vermeiden). In solchen Situationen kann es hilfreich sein, die Beleuchtung bei der Planung knapp über dem Lichtkompensationspunkt auszulegen. Werden mehrere Pflanzenarten mit unterschiedlichen Lichtansprüchen verwendet, sollte man sich zur Bewertung an der Pflanze mit dem höchsten Lichtassimilationspunkt orientieren. Zu große Abweichungen zwischen den einzelnen Pflanzen sollten auf mittleren und kleineren Flächen jedoch vermieden werden.
Leuchtstoffröhren und LED-Tubes, Aufhängung, Abstand zur Kultur
Bei der Aufhängung von Leuchtstoffröhren gibt es Berichten zufolge keine signifikanten Unterschiede im in der Verteilung des Lichtstroms auf der zu beleuchtenden Fläche, bei der quer- oder längsweisen Ausrichtung von Leuchtstoff- oder LED-Tubes (Akiyama, Kozai; 2016), allerdings ermöglicht eine querweise Anordnung eine einfachere Wartung der Geräte.
Die Lichtkegel sollten sich hierbei möglichst überlagern, um eine flächendeckende und vor allem gleichmäßige Lichtverteilung zu gewährleisten.
Zu beachten ist auch, dass (bedingt durch die jeweiligen Abstrahlwinkel der Modelle) vor allem Randbereiche der zu belichtenden Flächen oftmals geringere Photonenflussdichten aufweisen, in Folge dessen mitunter recht schnell Wuchsdepressionen im Bestand auftreten können.
Um diesem Umstand vorzubeugen, sollten bei eventuellem Verdacht auf Lichtmangel an den Randbereichen zusätzliche Röhren mit kleineren Abstrahlwinkeln angebracht werden. Allerdings sollte hierbei beachtet werden, dass engere Abstrahlwinkel eine tiefere Abstrahlung der Photonen (in Richtung der zu belichtenden Fläche) ermöglichen, während die Photonen bei breiteren Abstrahlwinkeln durch die größere Streuung lediglich geringere Tiefen erreichen können.
Die Aufhänge-Höhen richten sich nach der Photonenflussdichte oder dem Lichtstrom und werden meist von den Herstellern angegeben. Bei besseren Modellen können darüber hinaus sogenannte Lichtverteilungsdiagramme eingesehen werden, in denen die Lichtverteilung auf einem bestimmten Abstand in einem Raster unter der Belichtungseinheit erfasst und aufgetragen werden, um einen detaillierten Einblick über die Beleuchtungsstärke auf der zu belichtenden Fläche zu erhalten. Bei einem Modellvergleich sollte hierbei jedoch auf den Messabstand zur Lichtquelle geachtet werden, da dieser von Hersteller zu Hersteller und teils sogar modellbedingt variieren kann. Diese Lichtverteilungsdiagramme stehen bei den meisten Anbietern auch für andere Beleuchtungssysteme wie LED, Natriumdampflampen etc. zur Verfügung. Da Leuchtstoffröhren im Vergleich zu den anderen Modellen lediglich recht geringe Lichtintensitäten erzeugen und entsprechend kombiniert werden müssen, empfiehlt sich die Nutzung eher für Kulturen mit geringerem Lichtbedarf, oder als Zusatzlicht, etwa zur Überwinterung.
Auswahl von Belichtungssystemen, LED oder konventionell?
In den letzten Jahren erfreuen sich immer mehr Belichtungssysteme auf LED-Basis zunehmender Beliebtheit. Vor allem der geringe Stromverbrauch, die relativ lange Lebensdauer und die geringe Leistungsaufnahme geringpreisiger Modelle verleiten viele unerfahrene Kunden schnell zum Kauf. Wie wir in unserem ersten Teil zu den Grundlagen der Belichtung bereits besprochen haben, stellt die Watt-Angabe jedoch lediglich die bauteilbezogene Leistungsaufnahme des Gerätes dar und kann daher nicht als Vergleichswert für die Belichtungsintensität herangezogen werden. Ausschlaggebender für die Effizienz einer Beleuchtungseinheit ist das Verhältnis von ausgestrahlten Photonen zur Leistungsaufnahme in Watt, die sogenannte Energieeffizienz in ɥmol/J oder der Wirkungsgrad in lm/W. Je höher das Verhältnis ist, desto effizienter ist das Gerät. Dies gilt sowohl für LED-Technik, als auch für herkömmliche Belichtungssysteme. Darüber hinaus bieten viele moderne LED-Systeme mittlerweile die Möglichkeit, den Lichtstrom zu dimmen und Lichtintensität und Leistungsaufnahme somit gezielt zu regulieren, was solche Modelle sehr flexibel für den Einsatz in verschiedenen Kulturen macht.
Ein weiterer Vorteil von LED-Dioden besteht in der Möglichkeit, durch Kombination einzelner Wellenlängen im Bereich zwischen 400 und 700 nm gezielte Spektren zu erzeugen, die bei herkömmlichen Belichtungssystemen teils gar nicht zur Verfügung stehen, bzw. möglich sind. Da in bestimmten Vegetationsphasen der Pflanzen teils auch unterschiedliche Lichtansprüche herrschen, lässt sich das Wachstum beim Einsatz verschiedener LED-Systeme mit angepasstem Spektrum gezielt steuern. Im natürlichen Jahresverlauf etwa, wandelt sich der Anteil im roten Spektralbereich vom hellroten in den dunkelroten Bereich, woraufhin das HR:DR-Verhältnis verkleinert wird und manche Pflanzen entsprechend mit der Einleitung der Blüte oder Vegetationsruhe beginnen. Möchte man bei bestimmten Kulturflächen oder einzelnen Pflanzen gezielt die Blüte induzieren, könnten LED-Modelle mit entsprechenden Spektren hier Abhilfe schaffen. Doch auch tageslichtähnliche Spektren können bei LED-Modellen in der Kultur (unabhängig von der Blüteinduktion) mitunter gute Ergebnisse erzielen, die für das menschliche Auge zudem eine realistischere Farbwiedergabe als herkömmliche Leuchtmittel bieten.
Neben dem geringen Stromverbrauch und der Möglichkeit gezielte Spektren zu erzeugen, zeichnen sich LED-Systeme im Gegensatz zu den meisten konventionellen Beleuchtungssystemen durch äußerst geringe Wärmestrahlung in Richtung der zu belichtenden Fläche aus.
Vor allem bei der Anzucht von wärmeliebenden Pflanzen oder Aussaaten sollte dieser Fakt jedoch unbedingt beachtet werden, da vor allem bei letzterem die keimfördernde Wirkung der Wärmestrahlung bei LED-Modellen oft nicht mehr in vergleichbarer Weise vorhanden ist!
In speziellen Fällen gilt es also abzuwägen, ob die Energieeffizienz bei der Planung im Vordergrund steht, oder ein etwaiger Energieverlust in von Form von Wärmeabstrahlung nicht sogar erwünscht ist, da dieser mit positiven klimatischen Wirkungen auf die Kultur einhergeht. Über die Art des Leuchtmittels entscheiden also letztendlich hauptsächlich der Kulturzweck und die Unterhaltungskosten.
Fazit und Zusammenfassung
Durch den rasanten technischen Wandel und die hohe Anzahl an verschiedensten Modellen mit unterschiedlicher Art der Lichterzeugung in unterschiedlichen Preisbereichen, fällt die Auswahl des optimalen Belichtungssystems nicht immer unbedingt leicht. Über die Leuchtmittelwahl entscheidet jedoch zunächst die Art der Kultur. Da die Wattangabe bei Belichtungseinheiten keine direkte Aussage über die Effizienz liefert, alle Modelle unterschiedliche Lichtströme aufweisen und die Pflanzen bei gleicher Belichtungsdauer bei verschieden starken Modellen daher unterschiedliche Lichtmengen erhalten, müssen diese Lichtströme zunächst auf den Tageszeitraum (das Daily Light Integral, DLI) umgerechnet werden, um einen qualifizierten Kostenvergleich zu ermöglichen.
1. Welche Lichtansprüche haben meine Kultur?
2. A) Wachstumslicht oder B) Zusatzlicht?
3.1 Wie stark muss das Licht sein (ɥmol/m²s-1 oder lux) oder wie stark soll das Licht sein (ɥmol/m²s-1 oder lux)?
3.1.1 Vergleichswerte recherchieren!
3.2.2 Ermittlung des DLI
4. Lichtspektrum und Abstrahlwinkel relevant?
5. Modell-Vorauswahl
6. Belichtungsplan (Belichtungszeitraum festlegen)
7. Vorauswahl und Modell-Vergleich anhand der Investitions- und Betriebskosten mit Hilfe des ermittelten DLI-Wertes und der modellspezifischen Leistungsaufnahme sowie der Energieeffizienz bzw. des Wirkungsgrades der Modelle
Neben der Lichtstärke spielt das Spektrum eine wichtige Rolle im pflanzlichen Wachstum. Neben den Absorptionsmaxima des Chlorophyll bei 440 nm und 660 nm, welche im Spektrum der Lampe deutlich vertreten sein sollten um eine bestmögliche Photosyntheseleistung zu ermöglichen, tragen andere Wellenlängenbereiche wie grüne Strahlungsanteile oder UV- und Infrarotstrahlung einen wichtigen Anteil an der Produktion sekundärer Pflanzeninhaltsstoffe bei. Während hellrote Strahlung keimfördernd wirkt, besitzt dunkelrote Strahlung eine keimunterdrückende Wirkung. Allerdings ist es im Wachstum vor allem das Verhältnis von Hell- zu Dunkelrot, welches über morphologische Prozesse wie die Blütenbildung, die Dormanz oder das Streckungswachstum entscheidet. Nicht zuletzt weil tageslichtähnliche Spektren eine bessere Farbwiedergabe liefern und diese Spektren auch höhere Anteile an den anderen benötigten Wellenlängenbereichen aufweisen, sind Modelle mit tageslichtähnlichem Spektrum für den Hobby- und Semiprofessionellen Anbau als mehr als ausreichend einzustufen. Trotzdem sollte bei der Wahl der Belichtungssysteme nicht unnötig gespart werden, um spätere unschöne Überraschungen zu vermeiden. Im nächsten Teil dieser Reihe, werden wir um die Auswahl etwas zu erleichtern daher einige Anbieter und Modelle vorstellen, die wir für empfehlenswert halten!
Ausblick in die Zukunft
Die Deutsche Stiftung für Weltbevölkerung prognostiziert bis 2050 ein weltweites Bevölkerungswachstum auf etwa 9,7 Milliarden Menschen [3]. Der gesamte Bedarf an Nahrungsmitteln wird also steigen, während sich verfügbaren Flächen und zur Produktion notwendigen Ressourcen zunehmend verknappen. Problematisch ist hierbei, dass die Energiebilanzen der konventionellen Nahrungsmittelproduktion bereits jetzt negativ sind, also mehr Energie während der Produktion benötigt wird, als letztendlich in der Pflanze während der Nahrungsaufnahme zur Verfügung steht [2]. Vor allem aus diesen Aspekten wird es zukünftig ein großes Anliegen der Landwirtschaft und des Gartenbaus sein, die Energieeffizienz von Produktionswegen zu optimieren. Leistungsstarke LED-Modelle in Verbindung mit massenhafter Vermehrung aus In Vitro-Kulturen könnte in sogenannten „plant factories with artificial lighting“ (PFAL) hierbei eine Lösungsmöglichkeit bieten. Vor allem in Asien und den USA existieren derzeit bereits einige großangelegte, kommerzielle Projekte.
Doch die Bedeutung der Energieeffizienz könnte mit der Einführung von Energie- und CO2-Steuer, nicht nur aus Umweltschutzgründen zukünftig auch im Zierpflanzenbau weiter steigen.
Für die effiziente Umsetzung einer Produktion ist es allerdings nötig, sich intensiv mit der Thematik auseinanderzusetzen und fortlaufende Vergleiche und Kontrollen zu erstellen.
Literatur und Quellen
1] ANON. (2019): Pflanzenlicht Grundlagen – Wellen und Teilchen. Pflanzenlampen.org. Online-Artikel. https://www.pflanzenlampen.org/was-ist-licht/ [14.12.2020].
ANON. (?): Genera Specific PPFD Recommendations. Blog-Beitrag, www.carnivero.com.
https://www.carnivero.com/pages/grow-light-ppfd-recommendations [18.12.2020]
ANON. (?): Licht in Zahlen. Cre Science. Online-Artikel. https://cre.science/wissen/pflanzenbeleuchtung-in-zahlen/ [15.12.2020].
2] Clausing, P., Dr. (2014): Intensiv und ineffizient – Analyse. Die industrielle Landwirtschaft ist an den Verbrauch fossiler Brennstoffe gekoppelt. Die Energiebilanz ihrer Produkte ist negativ. ÖKOLOGIE & LANDBAU. 172, 4/2 014.
https://www.welt-ernaehrung.de/wp-content/uploads/2014/09/32_34_Clausing.pdf [18.12.2020]
https://www.welt-ernaehrung.de/2014/04/15/intensiv-und-ineffizient/?fbclid=IwAR3w3p7lT3Ar2ijLUlNmSCFfodZ8NKUSBht3fhSKJBX5DedosFWZ_Qs9DT8 [18.12.2020]
3] DSW (2019): Neue UN-Projektionen: Weltbevölkerung wächst bis 2050 auf 9,7 Milliarden Menschen. Online-Veröffentlichung. Deutsche Stiftung für Weltbevölkerung.
https://www.dsw.org/neue-un-projektionen-2019/ [18.12.2020]
Kozai et. al (2016): LED Lighting for Urban Agriculture. Springer-Verlag.
Rünger W., Prof. Dr. (1976): Licht und Temperatur im Zierpflanzenbau. 3. Auflage, Verlag Paul Parey.
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